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Narrhallas Kindertage


Narrhalla — wo eigentlich wurzelt sie? Aus den Uranfängen um die Gründung dieses ältesten Wormser Karnevalvereins, der nach der Schützengesellschaft und der Kasino- und Musikgesellschaft als der drittälteste Verein in Worms überhaupt gilt, ist bekannt, dass er im Lokal „Zum Weißen Roß“ in der Kämmererstraße Nr. 9 (später Kinderhaus Siegel) das Licht der Welt erblickte.

Als erstes Lebenszeichen rückten die zum organisierten Karneval gewillten Wormser Narren das folgende Inserat am 11. Januar 1840 in die „Wormser Zeitung“ ein: Narriade-Versammlung, den 12. Januar abends acht Uhr im „Weißen Roß“ zu Worms, „An alle, die streben nach Geistes Gewinn, gleichviel wo sie leben mit durstigem Sinn. Dem Blinden und Lahmen, dem Denker, dem Wicht, wir fragen nach Namen und Standpunkt hier nicht.“

Sitte war es damals noch, von Gastwirtschaft zu Gastwirtschaft zu wandern und die Wormser auf närrische Weise zu unterhalten. Für den 19. Januar 1840 wird bereits die zweite Versammlung annonciert und zwar im „Schwanen“ in der Kämmererstraße (heute Leder-Wagner). Diese Gaststätte hatte bereits eine stolze Tradition vorzuweisen. Hier logierte während des weltberühmten Reichstages 1521 Luthers großer Gönner Kurfürst Friedrich der Weise. 1770 ist das Gasthaus ausgewiesen „in der Cämmerergasse, dem Wambold’schen Hof schräg gegenüber worinnen dermahlen die Brief Post ist“. Ende des 19. Jahrhunderts befand sich in dem Gebäude die „Schwanen-Drogerie“ und bis zur Kriegszerstörung das „Lichtspielhaus“.
 

Die Gründungs-Narrhallesen hatten zu besagter zweiter Versammlung nun schon selbstbewusster gereimt:

„Eröffnet ist der heitre Bund
für jede Art der Narren.
Wir geben dieses Allen kund,
die unseres Ordens harren.
Wir rufen allen Narren zu:
Kommt balds euch zu vereinen.
Und drückte einen auch der Schuh,
er darf als Narr erscheinen.
Wir bieten jedem klugen Mann
zum Ruhm für alle Zeiten
die bunte Schellenkappe an
zu heiteren Festlichkeiten.“

Zu den Gründern zählte auch jener fidele Narr, dem das Gasthaus „Zum Schwanen“ gehörte: Franz Euler. Vier Jahre schwang er emsig das Präsidentenzepter zu den Sitzungen (1840-1844). Später stand er der Nibelungenstadt gar als Bürgermeister vor (1852-1856). Zu nachgerade poetischen Schwelgereien liefen die Narren auf, als es galt, für die dritte Sitzung am 26. Januar 1840 zu werben:

„Alles Bunte wird gepfleget
durch geübte Narrenhand,
was der Bund im Innern heget,
wird der ganzen Welt bekannt.
Mit den angestammten Freuden
einer großen Narrenwelt
hat zu schönem Vorbedeuten
Eintracht sich zum Bund gesellt.
Frohsinn wird uns sie erhalten,
diese Schellen-Harmonie,
zu dem herrlichsten entfalten
dieses Spiel der Sympathie.
Zu den buntgeschmückten Hallen
dieser freudevollen Bahn
bleibt die große Pforte allen
Frohgesinnten aufgetan.“

Die „Frohgesinnten“ lud man in den Saalbau „Zum Adler“ ein (später Tanzschule Wienholt in der Kämmererstraße). Am 1. Februar tagt man wieder im „Adler“, am 6. Februar im „Schwanen“, am 26. Februar im „Adler“ und forderte im Inserat dazu auf: „Um sechs Uhr sey ein jeder präcis mit Stern und Kappe da“. Und auch: „Morgen beginnt die Kappenfahrt mit der Zusammenkunft im „Pfau“, wie es das Programm meldet“.

Am 9. Februar 1841 tauchte dann in der „Wormser Zeitung“ zum erstenmal die Bezeichnung „Narrhalla“ zur Werbung innerhalb eines Gedichtes auf. In der gleichen Zeitungsausgabe, wo per Inserat zum Schluss-Maskenball der Kampagne aufgerufen wird, entdeckt man erstmals auch das Emblem des Narren mit der Trompete, der den wappenumklammernden Wormser Drachen zu hänseln scheint. Das Emblem sollte noch über 100 Jahre unverändert Verwendung finden.

Rolf Bindseil